Tag 21

Guten Abend sehr geehrte Mitleserinnen und Mitleser zuhause an den Bildschirmen aus dem wunderschönen und mückenverseuchten Kroatien!

Man mag es kaum glauben, aber nach nur 21 Tagen (abzüglich zwei Pausentagen) sind wir heute um ca. 1700Uhr über die Grenze von Ungarn nach Kroatien gepaddelt. Ausserdem können wir heute eine weitere grosse Zahl feiern und zwar sind wir heute am Donaukilometer 1440 vorbeigekommen, das bedeutet, dass wir doch tatsächlich die ersten 1000KM dieser Reise (mehr oder weniger) erfolgreich hinter uns gebracht haben. Was jetzt folgt sind lediglich noch 2 Stauwehre, ein 150KM Stausee und jede Menge Mücken & Hitze! What a pleasure! 😉

Der Vormittag verlief relativ ruhig und wir konnten gut Kilometer machen, so dass wir gegen 1300Uhr beim Zoll in Mohacs in Ungarn waren. Die Zollstation ist 16KM von der Grenze entfernt und ich hatte schon das Gefühl, dass wir heute mal einen kurzen Tag machen können, aber natürlich haben wir die Rechnung ohne die Bürokratie gemacht.

Während Flo die Boards bewachte wollte ich uns also korrekterweise am Zoll «kurz» abmelden… Ich ging also rein und fragte die Empfangsdame was ich zu tun hätte. In lustigem Englisch fragte Sie mich, einen Haufen Sachen und füllte mit mir 3 Formulare aus. Unter anderem ging es um Krankheiten an Board und ob wir wohl illegale Ein- oder Auswanderer mitzuführen gedenken. Nachdem ich die Prozedur über mich habe ergehen lassen und meinem Board den einfallslosen Namen SUP I gegeben habe, gab sie mir also schlussendlich eine Liste in die Hand und ich dachte damit wäre die Sache gegessen. Naja, zu früh gefreut. Auf der Liste waren sämtliche Stationen des Gebäudes drauf, die ich nun nacheinander aufsuchen musste. Ich durfte also zuerst zur normalen Polizei, die wollte dann mal unsere Ausweise, also zurück zu Flo, seine ID holen, dann zurück zur Polizei, Formular ausfüllen und ihm unsere Ausweise abgeben (ob das schlau ist?), anschliessend durfte ich dann zur Border Control (also zum Zoll) der wollte dann natürlich wieder die Ausweise sehen die ich vorhin abgegeben habe 😊 hab ich ihm dann versucht zu erklären und er ging genervt unsere Ausweise holen. Immerhin hat er sie mir anschliessend auch wieder zurückgegeben. 😉 Dann gings ab zur Wasserschutzpolizei, der freundliche Herr konnte in etwa so gut Englisch wie ich kroatisch und nachdem ich ihm zu erklären versuchte, dass wir keine Kajaks und Kanus sind war bei ihm sowieso Feierabend und er hat einfach einen Stempel auf unser tolles Formular gemacht. Wie mir gesagt wurde, bin ich dann mit dem Formular nochmals zur normalen Polizei zurück, anscheinend hat mir der Herr Polizist nicht getraut, daher gingen wir gemeinsam nochmal alle Stationen ab und er fragte die Herren, bei denen ich zuvor war, ob ich auch wirklich bei ihnen gewesen sei. (Anders konnte ich das nicht interpretieren 😉) Schlussendlich hat er mir dann ein Formular in die Hand gedrückt und gesagt ich dürfe, unter der Auflage, dass wir jetzt auslaufen, gehen. Nichts lieber als das! 😊 Das Ganze hat mich übrigens sehr stark an das hier erinnert:

Die ganze Prozedur hat doch tatsächlich 45min gedauert und der arme Flo musste die ganze Zeit an ungeschützter Stelle in der Sonne ausharren und auf unsere Boards aufpassen. 😐 Wir suchten dann anschliessend ziemlich schnell mal ein Pausenplätzchen um unser, am Morgen zusammengeklautes, Mittagessen zu geniessen. Der Pausenplatz verdiente sich gerade mal 2 von 5 Pausenplatzpunkten, da wir, wie üblich von einer kleineren Mückenplage heimgesucht wurden. Dabei fällt mir gerade ein, dass ich aktuell ein neues Deo ausprobiere: Es ist eine Mischung aus Sonnecreme in mehreren Schichten (je nach Tageszeit) gepaart mit unterschiedlichen Anti-Mückensprays die nach Zitrone riechen. 😊

Nach dem Mittagessen sind wir die noch verbleibenden Kilometer gesuppt und bei Flusskilometer 1433 sind wir dann aus Ungarn raus und nach Kroatien reingesuppt. 😊 Von dort waren es dann nur noch 8KM bis zu unserer Schlafstätte für heute, welche auf der kroatischen Seite der Donau liegt. Beim Anlegen stand dann wieder ein Mückenschwarm als Empfangskomitee bereit und labte sich an unseren schweissnassen Körpern. Ein grosser Pluspunkt heute war allerdings, dass das Appartement in erster Reihe an der Donau steht und wir somit dachten, dass wir äusserst schnell in Sicherheit und unter der erholsamen Dusche landen dürften. Naja, was soll ich euch sagen? Wir haben uns (mal wieder) getäuscht. Nach dem Eintreten kam der nette Ivan auf mich zu, der leider kein Wort Deutsch oder Englisch spricht und hat mir per Sprachübersetzungsapp mitgeteilt, dass wir unbedingt auf die andere Seite (also nach Serbien) müssen um uns dort anzumelden. Er würde uns dann dort mit dem Auto abholen!? 😐 Nachdem ich das kapiert hatte und Flo gerade mit beiden Boards über der Schulter angelaufen kam und ich ihm das erklärte schaute er kurzzeitig als hätte man ihm das Abendessen vom Teller geklaut! 😉

Also haben wir uns (übrigens immer noch umgeben von einem riesigen Mückenschwarm) die Boards nochmal geschnappt und sind damit auf die serbische Seite übergesetzt. In diesem Sinne muss man fast schon sagen, dass es gut war, dass die Donau fast keine Strömung hatte. Im Gegensatz zu der sehnlichst erhofften kalten Dusche war es aber doch wieder eine Plackerei.
Aber jetzt wurde es erst mal richtig lustig: Wir suchten gemeinsam das Zollhäuschen (was nirgendwo angeschrieben war) und sind dann aufs Geratewohl mal ins erste Häuschen rein vor dem Flaggen wehten und ein paar Polizeiautos rumstanden. Wir also frisch fröhlich in das Haus rein, durch zwei Türen durch und haben nicht schlecht gestaunt: Prunk und Glanz wohin das Auge fiel! Alles glänzte und glitzerte und wir kamen uns in unseren SUP-Outfits doch etwas fehl am Platz vor… 😉 Nein, alles Quatsch, das Haus war eine ziemliche Bruchbude und nach der zweiten Türe flogen doch tatsächlich Vögel durch die Eingangshalle! 😀 Natürlich war nichts irgendwie schlau angeschrieben resp. nur in kyrillischen Buchstaben und wir suchten kurz bis wir den Zoll fanden. Die Panik von der Tortur am Mittag kroch in mir hoch als der Zoll-Typ meinte wir müssten zuerst zur Polizei…
Bei der Polizei gabs dann zwei Leute, wovon wenigstens einer (behauptete) Englisch zu können. Wir haben ihm dann unser Anliegen geschildert und nach ein paar Minuten des Studiums unserer Unterlagen meinte er, wir sollten doch bitte in einer Stunde wieder kommen, weil dann der Schichtwechsel stattgefunden hätte. Ich konnte kaum Luft holen, so schnell zählte ihm Flo unsere Strapazen auf und liess keinen Zweifel an seiner dringenden Bitte, er möge doch jetzt unsere Papiere kontrollieren, damit wir wieder gehen können. 😀 (So hab ich Flo auch selten erlebt)

Nachdem sich die zweite Polizistin immer wieder eingemischt hatte und zwischenzeitlich auch noch unser Gastgeber Ivan aufgetaucht war, wurde das Chaos dann perfekt, da alle ein wenig durcheinander redeten, aber schlussendlich haben wir unsere Ausweise zurückerhalten und durften dem Polizisten in den ersten Stock zum Zoll folgen. (Schon wieder!) Wer jetzt denkt, die Geschichte sei zu Ende: Weit gefehlt! 😉 Der Typ von der Zollbehörde hat dann lediglich eine Kopie unseres Ausfuhrscheins aus Ungarn (zum Glück haben wir den Mist dort auch durchgemacht) erstellt und dann das tolle Schalterfensterchen zugemacht. Der Polizist hat sich verabschiedet und somit waren wir endlich frei!

Ivan meinte dann, immer noch per Sprachübersetzungsapp nota bene, dass wir jetzt die Boards in sein Auto (einen VW Jetta Baujahr 1990) einladen müssen um uns beim serbischen Zoll wieder abzumelden. Spätestens jetzt waren wir total verwirrt, aber naja. Wie erstaunlich gut die Boards in Ivans Auto gepasst haben, seht ihr in der Galerie. 😉 Nach dem Zoll in Serbien (also Ausfuhr) mussten wir dann natürlich auch wieder durch den Zoll in Kroatien (also Einfuhr) das ganze Spektakel hat auch wieder ca. 30min gedauert. Dafür hat uns Ivan dann direkt zum Einkaufen gefahren und nach dem Duschen und frisch machen ist er auch noch mit uns Essen gegangen, weil das nächste Restaurant ca. 6KM entfernt ist (es gab Chevap!!). Wir hatten beim Essen übrigens interessante Übersetzungs-App-Diskusionen mit Ivan und durften erfahren, dass die Mückenplage wohl in seinen 10 Jahren hier nie so schlimm war! Es ist schön zu hören, dass es nicht an uns liegt 😊.

Was für ein Tag! 😀

Da wir hier so gut wie kein Internet haben gibts die Bilder und Karte leider erst morgen. Flo meint noch: Wir sind müde des Grauens! 😀

Tagesmotto
Flo: Ich hätte den Serben-Polizei-Dude gepaddelt, wenn er uns den Stempel verwehrt hätte!!
Julian: Bürokratie des Grauens!

Tagesstatistik
Distanz: 55.1KM
Zeit: 9h07min
Zeit in Bewegung: 6h36min