Tag 36

 Hallo liebe Leser,

Heute wurden wir aufs schärfste auf unseren Durchhaltewillen geprüft – vorweg kann ich sagen: Wir haben es gepackt! Wir sitzen nun nämlich in der Villa Giulia in Islaz (Rumänien) und erholen uns von einem Tag, welcher von einigen Rückschlägen geprägt war! Und so hat sich das Ganze zugetragen:

Nach dem Frühstück machten wir noch das versprochene Foto mit unseren neuen Fahrradfreunden Paul und Chris aus Südafrika. Es ist schon ein erstaunlicher Zufall, dass wir innerhalb einer Woche 3x in derselben Unterkunft gebucht haben und uns 2x sogar getroffen haben… ohne Absprache! Wir haben von ihnen übrigens erfahren, dass sie jeweils nur morgens unterwegs sind und der Nachmittag zur Erholung dient… Naja, sie sind beide auch doppelt so alt wie wir…fair enough!

Als wir uns verabschiedet hatten, gings voll beladen, inklusive 5 Liter Flüssigkeit pro Person, in Richtung Donauufer. Ich bin rückblickend nicht mehr ganz sicher, wie sich das erste Malheur des Tages zugetragen hat, da ich wohl in Gedanken an unsere heutige Mammutaufgabe vertieft war (70km SUP)… Jedenfalls habe ich mir auf dem kurzen Fussmarsch ziemlich heftig meine rechten Fuss vertreten! Nachdem ich den Fuss auf verschiedene Arten belastet hatte, fiel meine professionelle Diagnose auf «halb so wild» und wir machten uns auf, die lange Etappe hinter uns zu bringen.

Wir wurden von der ersten Minute an von einem starken Gegenwind begrüsst, welcher auch seine lieben Freunde die Wellen mit sich brachte. Solche Bedingungen erfordern neben erhöhter Konzentration auch eine festen Stand, was sich aufgrund meines verstauchten Fusses als zusätzliche Herausforderung herausstellte! Ich musste zwischenzeitlich auf mein patentiertes KDP (Kneel-down-Paddling) wechseln, um mein Fussgelenk zu entlasten. Die Kilometer zogen dahin und wir schafften es, bis zum Mittagessen um ca. 14:00 über die Hälfte der Etappe zu bewältigen.

Da uns die erste Hälfte der Etappe unter diesen erschwerten Bedingungen einiges an Kraft gekostet hatte, freuten wir uns demensprechend auf unser Mittagessen der Champions! Leider folgte der zweite Rückschlag des Tages unmittelbar nachdem Julian das frisch gekaufte Brot geöffnet hatte – es war komplett von Schimmel überzogen (siehe Fotos)!! Ich bin ehrlich, mir war echt zum Weinen zumute ☹! Julian hat dem Schimmelbrot eine Flussbestattung beschert und wir haben uns fürs Mittagessen mit etwas Wurst und drei Keksen für jeden begnügt! Kurze Zeit später hat sich ein Schwarm Möwen über das im Fluss schwimmende Brot hergemacht… Da Galgenhumor das einzige wirksame Mittel in so einem Moment ist, haben wir uns darüber lustig gemacht, dass die Möwen jetzt Dünnpfiff bekommen und uns zu allem Unheil auch noch vollkacken 😊…zumindest DAS blieb uns allerdings erspart!

Da es nicht viel zu verdauen gab, nahmen wir nach kurzer Zeit die verbleibenden 30 Kilometer in Angriff. Zu unserer Freude liess der Wind etwas nach und wir konnten so trotz fehlender Stärkung um circa 18:00 an einem kleinen Strand in der Nähe von Islaz anlanden. Wir hatten also die lange Etappe geschafft… aber die wahre Prüfung des Tages sollte noch kommen!
Bereits beim Entladen der Boards wurden wir von den ersten Mücken ins Visier genommen und so beschleunigten wir den Prozess so gut es ging. Dummerweise war der Untergrund an diesem «Strand» mit circa 15cm Flussschlamm bedeckt, was ein schnelles Zusammenpacken quasi unmöglich machte!
Der einzige Weg von unserer Landestelle ins Dorf, führte über einen komplett überfluteten Waldweg! Julian war ein paar Meter vor mir und verfiel bereits in einen leichten Trab, was nur eins bedeuten konnte: Mücken des Grauens!!
Und tatsächlich, es war wieder wie die «Mückenhölle von Erdut» in Kroatien… wir wurden von hunderten dieser Viecher richtiggehend überfallen (Diesmal ein Mückenstichfoto von mir in der Galerie)! Die Mücken waren allerdings nicht das einzige Hindernis: Als ich Julian vor mir durch einen kniehohen Morasttümpel waten sah, konnte ich mir ein hysterisches Lachen nicht verkneifen! Die Schuhe von Julian blieben sogar noch stecken, worauf er sie, komplett beladen mit Board und Gepäck, aus dem Schlamm ziehen musste um barfuss weiter zu kämpfen… das Ganze mit hunderten Mücken, welchen wir hilflos ausgeliefert waren… Wir erreichten einen kleinen stinkenden Tümpel, welcher so tief war, dass wir sogar noch mal aufs Board knien mussten, um nicht noch endgültig zu versaufen!
Auf der anderen Seite packten wir unsere völlig verdreckten Habe und stürzten eine Treppe hinauf, welche in einen privaten Garten führte – lasst euch gesagt sein, es war uns in diesem Moment scheissegal!

Als wir bei unserer Unterkunft ankamen, müssen wir einfach schrecklich ausgesehen haben! Die Gesichter übersät mit Mückenstichen, bis zur Hüfte mit Schlamm und Dreck überzogen und bei Julian meinte ich ein leicht durchgedrehtes Grinsen erkennen zu können, als er unserer Gastgeberin sagte: «Hi, I am Julian and I booked two rooms… I know we look like hobos…sorry!»
Sie hat uns trotz unserer schrecklichen Aufmachung hereingelassen und direkt zum Gartenschlauch geführt – zurecht!

In der ganzen Hektik habe ich meinen verstauchten Fuss übrigens kaum gespürt… Es war allerdings mit Sicherheit nicht förderlich für dessen Genesung. Ich hoffe nun, dass die Schwellung über Nacht abklingt und wir unsere Reise morgen ungehindert fortsetzen können!
Es war ein absolut verrückter Tag… nichts desto trotz sind wir nach einer Dusche und einem ausgiebigen Abendessen wieder guter Dinge, dass wir den Rest nun auch noch schaffen!

Tagesmotto
Flo: Bulgarisches Brot in Zukunft genauer unter die Lupe nehmen!
Julian: Neues Mittagessen der Champions: Kekse & bulgarische Landjäger 😉

Tagesstatistik
Distanz: 70.7KM
Zeit: 9h38min
Zeit in Bewegung: 9h04min

Tag 34

Moin,

Da wir die letzte Nacht in einem verhältnismässig gehobenen Hotel in Widin (BG) verbracht hatten, gab es heute Morgen seit langem mal wieder ein ausgiebiges Frühstücksbuffet! Ich muss allerdings sagen, dass ich bereits so gewöhnt bin morgens nichts zu essen, dass ich mich trotzt reichhaltigem Angebot mit Kaffee und O-Saft begnügt habe. Wir haben generell festgestellt, dass Essen (bis auf das Abendessen) einen immer geringeren Stellenwert hat, ganz im Gegensatz zum Getränk. Wir waren also froh, dass wir unserer SUPs heute mit jeweils 3.5 Liter Flüssigkeit beladen durften und uns somit für den Tag gut gerüstet fühlten!

Mein Brett verliert leider trotz allen Bemühungen noch immer etwas Luft… ich muss mich wohl oder übel für die restlichen 2 Wochen mit etwas Frühsport abfinden. Ich tröste mich damit, dass pumpen nicht genau die gleichen Muskeln benötigt wie paddeln – somit kein relevanter Energieverlust für den Tag 😉. Und falls schon, kann ich dies jeweils noch als Ausrede verwenden, wenn mich Julian mal wieder distanziert 😊.

Der erste Teil unserer Etappe verlief relativ ereignislos und wir kamen gut voran. Wie Julian bereits gestern erwähnte hatte, kann man die Strömung zwar nicht sehen, sie ist aber in gewissem Masse vorhanden. Damit man sich eine Vorstellung davon machen kann: Die Donau fliesst in diesem Abschnitt mit ca. 3 km/h während wir laut GPS mit stetigem Paddelaufwand auf circa 9 km/h kommen.

Bei der dritten sitzenden Pause um ca. 13:00 entschieden wir, dass wir mit der Mittagspause noch etwas zuwarten, da ich auf Google-Maps eine Strand-Bar erspäht hatte, welche kurz vor Lom und somit nur noch 10KM entfernt war! Wir zogen also bis 14:30 durch und erreichten schon ziemlich erschöpft eben diese Strand-Bar. Wir sind jeweils nicht sicher, ob es an unserem Zustand liegt, doch wir empfanden diesen Ort als einen der schönsten Plätze auf Erden 😊… Es gab Schatten, kalte Getränke und sogar Chicken Nuggets zum Mittagessen! Es ist lange her, dass wir uns einen solchen Luxusmittag erlaubt hatten, denn für gewöhnlich gibt’s das «Mittagessen der Champions»: Brot und Salami in angelaufenem Zustand auf den SUPs!

Einschub Julian: Da mich die Bar magisch angezogen hatte, hatte ich in der Zwischenzeit etwas Vorsprung auf Flo rausgepaddelt und landete als Erster an. Beim Anblick der prall gefüllten Getränkekühler habe ich mich doch tatsächlich wie im Schlaraffenland gefühlt! 😊

Nach dieser Wohltat musste es trotz aufkommender Mittagsmüdigkeit weitergehen. Wir nahmen die letzten 20KM des Tages in Angriff und schwitzen so heftig wie selten zuvor auf diesem Trip… 34 Grad, windstill und direkte Sonneneinstrahlung von allen Seiten liessen, die eben erst aufgenommene Flüssigkeit direkt wieder verdampfen! Wir schafften es allerdings mit den verbleibenden Getränken gut bis zu unserer Unterkunft, welche wieder direkt an der Donau liegt – das Tragen blieb uns heute also quasi erspart 😊! Einschub: Naja, waren also doch an die 100m! 😉

Als wir darüber zu diskutieren begannen, wer zuerst unter die Dusche darf, entschieden wir uns spontan stattdessen den Pool der Unterkunft zu nutzen. Vor allem die Pool-Dusche hatte es uns sehr angetan… eiskaltes Wasser!!

Da die Unterkunft heute leider kein Internetzugang zur Verfügung stellt und der Handyempfang mit einem 56Kb-Modem zu vergleichen ist, gibt es die Bilder und Karte leider erst morgen. Sorry!

Tagesmotto
Flo: Von Einwassern (09:00) bis Auswassern (17:30) knapp 5 Liter Flüssigkeit vernichtet…
Julian: Unsichtbare Strömung des Grauens!

Tagesstatistik
Distanz: 66.3KM
Zeit:8h42min
Zeit in Bewegung: 7h33min

Tag 32

Hallöchen!

Nach einem erholsamen Ruhetag gestern haben wir es heute wieder auf die Bretter geschafft! Um den Tag auch mit genug Energie zu beginnen, gabs zum Frühstück Brot mit Fineti-Aufstrich… Ich konnte Julian nur knapp davon abhalten den ganzen Topf Fineti einzupacken, um diesen Nutella-Verschnitt auch zuhause geniessen zu können 😉.

Nachdem wir uns ausreichend gestärkt hatten holten wir unsere Boards aus der Garage, wobei ich erschrocken feststellen musste, dass mein Board quasi keine Luft mehr drin hatte!! Wir waren sehr besorgt, da wir das Brett gestern noch geprüft hatten und alles komplett in Ordnung zu sein schien! Es blieb mir nichts anderes übrig, als das Brett zum zweiten Mal innert zwei Tagen zu pumpen und zu hoffen, dass die Luft diesmal drinnen bleibt…

Unsere Gastgeber liessen es sich nicht nehmen uns für einen reibungslosen Start unserer Etappe mit dem Auto an die Donau zu fahren. Für die Boards wurde sogar noch der Nachbar aufgeboten, welcher den Transport im Rumänien-Stil durchführte (siehe Galerie) … wir fühlten uns stark an unserer Fahrt von Serbien über die Grenze nach Kroatien erinnert 😉.

Wir nahmen also die ersten 20 Kilometer zur letzten Schleuse auf unserem Trip in Angriff! Bei der ersten schwimmenden Pause konnten wir verdächtige Geräusche hören, welche von meinem Brett ausgingen. Zu diesem Zeitpunkt erinnerten wir uns dran, dass wir ähnliche Geräusche schon auf unserer Halbtagesetappe gehört hatten, uns allerdings damals nichts dabei dachten! Wir kamen also zum Schluss, dass mein Board wohl während dem zusammenfalten in Orsova einen Schaden davon getragen hatte ☹. Da ich momentan noch keine Veränderung beim Paddeltempo feststellen konnte, beschlossen wir am Abend das Board zu prüfen. Kurz nach der Pause hatten wir ein weiteres Mal Besuch von der rumänischen Border-Police, was für uns inzwischen schon fast ein alter Hut ist… Ob das wohl im Grenzgebiet Rumänien-Bulgarien etwas nachlassen wird…?

Für das Bewältigen der letzten Schleuse hatten wir uns für einen kleineren Nebenarm auf rumänischem Boden entschieden, welcher zwar auch mit einer Schleuse abgegrenzt ist, aber einiges einfacher fürs Umtragen geeignet schien, als das «Eiserne Tor 2», welches am Hauptarm liegt (siehe Karte). So brachten wir die letzten Kilometer bis zu diesem Hindernis hinter uns und waren uns bis kurz vor der Staumauer unschlüssig, wo wir am besten anlanden sollen. Wir haben uns dann für eine kleine Landzunge zwischen einem Gebäude und der Staumauer entschieden. Ich habe die Aufgabe gefasst die Gegend zu erkunden und nach einem geeigneten Weg hinter die Schleuse zu suchen. Als ich so durch das Kraftwerksgelände schlenderte, rannte mir ein offiziell gekleideter Mann entgegen, welcher sich als Schleusenarbeiter entpuppte. Er machte uns schnell klar, dass dieser Nebenarm für uns tabu sei und wir über den Hauptarm zum Eisernen Tor 2 paddeln müssen, um da auf serbischer Seite durch die Schleuse zu kommen… drei Polizisten und 4 Hunde welche wenig später auch noch zur Party hinzustiessen bestätigten diese Aussage lautstark 😊.

Wir mussten also wohl oder übel das kurze Stück Seitenarm wieder zurückpaddeln, um den Hauptarm zu erreichen. Bei der letzten Pause vor der Schleuse war meine Laune etwas angeknackst… zum einen aufgrund des unnötigen Umwegs und zum anderen war ich nicht besonders scharf drauf mit den SUPs durch die Schleuse zu gehen (ganz im Gegensatz zu Julian, welcher sich darauf freute, die verpasste Chance am Eisernen Tor 1 vergessen zu machen!). Somit war es auch an ihm mich wieder aufzubauen, was er mit den Worten, «Hey, immerhin sind wir noch immer nicht verhaftet worden!», mal wieder grandios umsetze 😉.

Wir paddelten also weiter bis zur Schleuse und waren nicht erstaunt, dass jegliche Beschilderung oder auch ein Telefon zur Kontaktaufnahme komplett fehlten. Wir paddelten also einfach mal aufs Geratewohl in die Schleuse rein und siehe da… laut dem anwesenden Schleusenwart war alles «Dobro» und wir sollten bis ans Ende der Schleuse paddeln und dort unsere SUPs festbinden (ohne Seil hiess das wohl einfach «uns festhalten» 😊). Er teilte uns auch noch mit, dass wir auf ein Cargo-Schiff warten müssten, mit welchem wir uns die Schleuse teilen…yay!

Während Julian grinste wie ein Honigkuchenpferd war ich doch reichlich nervös, was sich dadurch zeigte, dass ich trotz fortgeschrittener Stunde (14:00) überhaupt keinen Hunger verspürte… wer mich kennt wird wissen, dass dies nicht üblich ist 😊. Nach einer Weile kam das Cargo-Schiff dann langsam in die Schleuse getuckert und platzierte sich ein gutes Stück hinter uns in der Schleuse – ich war schon etwas weniger besorgt. Als sich der Wasserspiegel dann langsam zu senken begann und keine Wirbel oder Wellen entstanden, konnte auch ich diese spezielle Erfahrung wertschätzen 😊.

Einschub Julian: Wie einfach es einem (also Flo) doch die Laune verhageln kann, wenn er auf einmal gezwungen wird durch eine Schleuse paddeln zu müssen ist schon erstaunlich. Kurz vor der Einfahrt meinte er dann noch, dass er jetzt also definitiv die Hosen etwas voll hat, aber wie beschrieben verlief alles ganz easy und wir sind um eine gute Erfahrung reicher. There is no need for a plan B! 😉

Als sich das Tor der Schleuse öffnete konnten wir ungehindert hinauspaddeln und wir genossen das Gefühl das letzte von Menschenhand geschaffene Hindernis bis zum Schwarzen Meer hinter uns gebracht zu haben! Die verbleibenden 13KM konnten wir sogar noch mit etwas Strömung bewältigen, was nach der letzten stauseelastigen Woche eine Wohltat war… wir geniessen es solange es hält 😉.

Nach der Ankunft in Gruia und der wohlverdienten Dusche machten wir uns daran mein Board zu prüfen. In der heutigen Etappe hatte es 25% der Luft verloren und somit war klar, dass irgendwo ein Leck entstanden sein muss. Ich pumpte das Board nochmal voll auf und wir gossen vorsichtig Wasser über die Unterseite des Boards… und tatsächlich, ein winziges Loch, welches von blossem Auge kaum zu erkennen war! Julian holte sein SUP-Flickzeug und verarztete mein Brett sehr professionell! Ich hoffe also, dass ich ab morgen wieder ohne Luftverlust durch die Gegend paddeln kann 😊.

Tagesmotto
Flo: Luftverlust am Morgen bringt Kummer und Sorgen!
Julian: Heute hat sich das letzte Eiserne Tor auf unserem Weg zum Schwarzen Meer für uns geöffnet.

Tagesstatistik
Distanz: 45.6KM
Zeit: 7h13min
Zeit in Bewegung: 5h42min

Tag 30

Grüezi,

Gestern haben wir die Nacht im «The View Apartement» in Orsova verbracht. Wie der Name schon verrät, war die Aussicht aus der Wohnung gut, es war dementsprechend aber auch im 4 Stock! Wir waren froh, dass unser Host uns anbot, die Boards bei ihm in der Wohnung zu platzieren. Ich bin also gestern nach unserer späten Ankunft noch mit ihm ins benachbarte Gebäude und wir haben versucht die Boards aus dem Treppenhaus in seine Wohnung zu verfrachten… ohne Erfolg – das Treppenhaus war zu eng! Wir entschieden uns kurzerhand die Boards unter der Treppe zu lagern, bis wir sie am nächsten Tag wieder bei ihm abholen können.

Heute früh haben wir festgestellt, dass uns wohl seit langem mal wieder ein Regentag bevorsteht, da uns beim Verlassen des Appartements bereits die ersten Tropfen begrüssten – halb so wild dachten wir, solange kein Gewitter aufzieht! Wir haben also wie verabredet den Host kontaktiert, sodass wir die Schlüssel abgeben und die Boards wieder in Empfang nehmen können. Während Julian unsere Habe bewacht hat, bin ich wieder ins benachbarte Gebäude um unsere Boards zu holen. Der Host war noch nicht da und ich wollte schon mal die Boards raustragen… Als die Dinger nicht mehr unter der Treppe waren, wo ich sie noch einige Stunden vorher platziert hatte, bildete sich bereits ein sehr mulmiges Gefühl in meiner Magengegend. Wenig später fuhr der Host mit dem Auto vor und ich habe ihn direkt leicht panisch gefragt, ob er wisse, wo unsere Boards abgeblieben sind. Er schaute mich verwirrt an und fragt nur, ob sie denn nicht mehr unter der Treppe liegen würden! Spätestens jetzt hatte ich leichtes Herzrasen und die ersten Schweissausbrüche… Wir gingen zusammen ins Treppenhaus und mussten beide feststellen, dass die Boards wirklich nicht mehr da waren! Während ich mit Tränen der Verzweiflung kämpfte öffnete der liebe Host seine Wohnungstür und bat mich hinein zu schauen… TADA… da lagen unsere Boards, heil und unversehrt. Er hatte sie gestern aus Sicherheitsgründen noch mit seiner Frau durchs Fenster in die Wohnung verschoben 😊! Ein kleiner Scherzkeks, aber zugegeben ein 1A Schauspieler 😉!!

Die nächste Hiobsbotschaft folgte sogleich mit der Mitteilung, dass momentan eine Sturmwarnung der Stufe «Orange» für das Gebiet ums Eiserne Tor vorlag… just in diesem Moment zuckten die ersten Blitze direkt über unseren Köpfen durch den Himmel. Wir mussten nun also eine Entscheidung treffen, wie unser heutiger Tag aussehen soll. Nach langem hin und her überlegen haben wir entschieden mit dem Taxi an unser heutiges Etappenziel zu fahren und zwar aus folgenden Gründen: 1. Wir waren noch immer in einem Bereich, in welchem das Verlassen des Flusses im Notfall quasi unmöglich ist, 2. Das Wetter ist montan unbeständig und wir wissen nicht wie der nächste Tag aussieht und 3. Wir hatten die Unterkunft für heute Abend bereits gebucht.

Als wir unserem Host diese Entscheidung mitteilten, erklärte er sich bereit, uns mit seinem Auto ans heutige Etappenziel zu fahren! Da wir erst nach 12:00 in der neuen Unterkunft einchecken durften, verabredeten wir uns mit dem Host für 11:30 zur Abfahrt. Wir nutzten die tote Zeit um noch für 2 Tage einzukaufen… Man weiss nie wann man den nächsten Laden mit Milch und Red Bull findet 😊. Wir warteten also auf die Abfahrt und hatten beide eine etwas gedrückte Stimmung. Die Entscheidung war mit Sicherheit vernünftig, aber so war das natürlich nicht geplant… Die Sonne, welche nun wieder von einem fast schon wolkenlosen Himmel schien, half nicht, unsere Entscheidung nicht zu bereuen!

Um 11:30 hiess es nach 29 Tagen zum ersten Mal: Luft raus! Wir haben schweren Herzens die gute deutsche Luft, welche uns bis hierhin getragen hat, aus unseren Boards gelassen… natürlich nicht, ohne die Pumpe, welche wir stets mitführen, zuerst noch eingehend zu testen!
Kurz nachdem wir losgefahren sind, mussten wir feststellen, dass der rumänische Fahrstil jenem der Serben in nichts nachsteht… Eine ziemlich rasante Fahrt! Als wir die Stadt Turnu Severin erreichten, hielt unser Fahrer direkt an der Donau an und fragte uns ob wir hier Einwassern wollen. Eigentlich hatte weder Julian noch ich noch mit einem SUP am heutigen Tag gerechnet und somit waren wir von dieser Frage ziemlich überrumpelt. Wir vermuten unser Host wollte uns einfach auf unseren Boards in Action sehen! Da der gute Herr bereits so viel für uns getan hat konnten wir schlecht verlangen, dass er uns nun bis ans Etappenziel fährt, auch weil inzwischen wettertechnisch nichts mehr gegen eine verkürzte Etappe sprach. Wir drucksten also etwas rum und entschieden dann halbherzig von Turnu Severin auf der Donau weiter zu reisen. Julian meinte zwar noch, dass die Milch, welche wir am morgen gekauft hatten, diese Entscheidung wohl nicht überleben würde 😊. On the bright side: Wir sind hinter der Schleuse «Eisernes Tor 1» und haben nur ganz wenig Donau verpasst 😉.

Wir zogen uns also um, packten unsere Bags neu (wir waren ja nicht vorbereitet) und schafften es dann so gegen 13:00 aufs Wasser. In der ersten Pause mussten wir uns beide eingestehen, dass weder die Motivation noch die Energie auf einem hohen Level war. Ich vermute jeder kennt dieses Gefühl: Man stellt sich auf etwas ein (in unserem Fall ein SUP-freier Tag) und dann kommt es komplett anders! Somit gingen die Kilometer eher schlecht von der Hand heute, auch wenn die Distanz für unsere Verhältnisse kurz war.

Als wir Crivina am Flusskilometer 895 erreichten, fanden wir auch schnell einen Platz um auszuwassern. Während wir noch unsere Boards entluden, wurden wir von einem jungen Rumänen und seiner Freundin angesprochen, welche beide sehr gut Englisch sprachen. Wir haben uns einige Zeit unterhalten, bis ein Auto der Border-Police vorfuhr… «Die wollen mit Sicherheit wieder zu uns!».
So war es dann auch und wir mussten unsere Dokumente und Pässe wieder vorweisen, welche sich inzwischen bezahlt gemacht haben! Beide Beamten kannten die Unterkunft nicht, welche wir als unser Ziel angaben und baten uns zu warten, während sie diese Angaben verifizieren. Nach circa 15 Minuten kamen sie zurück und konnten bestätigen, dass jemand in der «Laguna Verde» auf uns wartet… Allerdings forderten sie Julian auf, ins Polizeiauto zu steigen – und zwar mit all unserem Gepäck!… Aber keine Angst, sie meinten es nur gut und wollten einen von uns inklusive Gepäck zur Unterkunft chauffieren… «Good Guy Border-Police». Dankend nahmen wir das Angebot an!

Während Julian also mit allem Gepäck zur Unterkunft gefahren wurde wartete ich mit den Boards am Ufer der Donau und unterhielt mich mit Sabina und Cosmin (unseren 2 neuen Freuden) über Gott und die Welt. Als Julian zurück kam mussten wir nur noch mit den Boards beladen circa 800m laufen und waren am heutigen Ziel angelangt! Wir sind in einer gemütlichen Unterkunft und wurden sogar noch mit Spaghetti bekocht… Die Welt ist wieder in Ordnung!

Tagesmotto
Flo: Ich bin so müde!
Julian: Border Police – Für einmal ohne Bürokratie und mit viel Engagement! 😊

Tagesstatistik
Distanz: 31.1KM
Zeit: 4h17min
Zeit in Bewegung: 3h56min

Tag 28

Bună seară

Wir sind heute Abend in unserer ersten Unterkunft in Rumänien angekommen, jenes Land in welchem wir hoffen, übers Donaudelta ins Meer zu SUPen! Da dies allerdings noch circa 3 Wochen hin ist, erstmal zum heutigen Tag:

Da ich gestern relativ früh schlafen ging, war ich heute bereits um 06:30 Uhr hellwach. Es könnte allerdings auch daran gelegen haben, dass ich nicht unbedingt noch mehr Zeit in diesem «Hotel» verbringen wollte. In der Galerie finden sich noch ein paar Bilder, welche auf die bedenkliche Hygiene in diesem Etablissement hinweisen! Als wir das Frühstück vor uns hatten, wollten wir beide endgültig nur noch weg! Auch wenn die Unterkunft sehr schäbig war, die Betreiber waren, wie so oft, äusserts nett… Sie liessen es sich nicht nehmen, vor unserer Abfahrt noch ein paar Fotos zu schiessen und uns dann zur Einwasserungsstelle zu begleiten. Ihr Restaurant liessen sie derweil unbewacht zurück und potenzielle Gäste hätten sich wohl von den 3-4 streunenden Hunden bedienen lassen müssen, welche stets das Restaurant belagerten… Es war alles etwas gewöhnungsbedürftig – die Begeisterung für unser Projekt ist aber immer spürbar und auch motivierend!

Wie bereits angekündigt, stand uns heute wieder eine Etappe mit bürokratischen Hindernissen bevor… Wir hatten uns nämlich entschieden, von Serbien nach Rumänien, wieder in den Schengen-Raum einzureisen. Wir paddelten also die ersten 20KM bis nach Veliko Gradiste um uns in Serbien abzumelden. Da Julian das letzte Mal in Ungarn in den sauren Apfel beissen musste, durfte ich mich heute mit den Behörden befassen… Man muss aber fairerweise sagen, dass der Warteplatz heute um einiges komfortabler war 😉.


Nachdem ich noch kurz etwas eingekauft hatte, machte ich mich auf den Weg zum Polizeiposten, welcher auf Google-Maps verzeichnet war. Mir war ziemlich schnell klar, dass ich hier falsch bin, konnte aber immerhin eine Wegbeschreibung zur Grenzpolizei ergattern. Ohne lang zu fackeln bin ich in die Richtung gelaufen, in welche der unmotivierte Beamte ansatzweise gedeutet hatte und dann rein ins erste offiziell aussehende Gebäude… Bingo… Ich war beim Hafenmeister gelandet! Vom Hafenmeister habe ich einen Zettel erhalten, welchen ich auf der Grenzpolizei und beim Zoll unterschreiben lassen musste. Ich bin also schon leicht genervt ins gegenüberliegende Gebäude und habe einer jungen Lady unsere Pässe und den Zettel des Hafenmeisters hingehalten. Nachdem sie sich von ihrem Handy losreissen konnte, wurde mir mitgeteilt, dass sie nicht zuständig sei und sie schickte mich weiter zum nächsten Schalter… der Grenzpolizei… Ich hatte also endlich den richtigen Ausgangspunkt gefunden! Einige Formulare später wurde mir mitgeteilt, dass ich doch bitte bei unseren «Booten» warten soll für die Inspektion… Unsere Pässe haben sie einbehalten – ich hatte also keine Wahl und musste Folge leisten. Wir haben dann noch circa 45 Minuten bei unseren SUPs gewartet, bis ein Beamter vorbeikam, welcher lediglich lachend fragte, ob wir Waffen oder Drogen in unseren Bags hätten… Ist ja nicht schon schwer genug das Zeug 😉. Zum Abschluss wurden wir mal wieder aufgefordert das Land nun umgehend zu verlassen (Zitat Grenzpolizist: «Nach der Kontrolle müsst ihr gehen… nach Rumänien oder zum Schwarzen Meer… ist mir egal»…) Zumindest die Behörden in Serbien werden wir mit Sicherheit nicht vermissen!

Wir paddelten circa 11KM in der prallen Sonne weiter, um uns in Rumänien anzumelden. Im Vergleich zur Abmeldung in Serbien verlief dies äusserst geschmeidig. Wir fanden den Grenzposten auf Anhieb und Julian durfte unser Einreisebegehren sogar noch vor einem grösseren Schiff präsentieren, welches eigentlich vor uns da war! Nach circa 20 Minuten waren wir wieder weg! Da wir von der Zollbeamtin eine Warnung erhalten hatten, dass das Wetter bald umschlagen könnte, entschieden wir uns auf den Boards zu essen, um so noch ein Paar wenige KM zu gewinnen.

Nach dem Mittagessen wurde es ein weiteres Mal sehr heiss und es war ziemlich windstill. Wir wurden allerdings mit einer herrlichen Aussicht auf die Festung Golubac belohnt, welche direkt am Eingang des Tals steht, welches uns zum Eisernen Tor führen wird!

Circa 11KM vor unserem heutigen Etappenziel zog nochmal ein starker Gegenwind auf, welcher uns zwar abkühlte, aber auch den Paddelaufwand stark erhöhte! Ich habe flux ins «Kneel-down-Paddling» gewechselt und konnte so mit Julian gut mithalten. Der Siebesiech hat es doch tatsächlich stehend durchgezogen… HOW? Wir waren uns aber beide einig, dass wir uns einen aerodynamischen Helm zulegen müssen:

Kurz vor unserem Ziel haben wir noch festgestellt, dass uns heute nicht nur durch die Behördengänge, sondern auch durch den Übertritt in eine andere Zeitzone wertvolle Erholungszeit gestohlen wurde… Schande!

Tagesmotto
Flo: Ganze acht Beamte im Büro der Grenzpolizei – einer arbeitet, sieben glotzen in den Fernseher…
Julian: Ich habe heute Salz produziert: Fleur de Schülä…  

Tagesstatistik
Distanz: 53.8KM
Zeit: 9h05min
Zeit in Bewegung: 6h50min