Tag 29

Hello Leutz,

Heute ist jede Menge passiert… 😊 Angefangen hat aber alles eigentlich schon gestern Abend, als wir bemerkten, dass wir in der Unterkunft nicht mit Karte bezahlen können und wir zusammen gerade noch €97.50 zusammenkratzen konnten. Da wir ja gestern nach Rumänien gepaddelt sind und bis anhin noch an keinem Bancomaten vorbeigekommen sind, waren unsere Bargeldbestände also knapp. Nachdem wir das Zimmer und das Abendessen bezahlt hatten, blieben uns noch ganze €7.50. Auf die Frage an den Wirt, wo der nächste Bancomat ist oder wo wir etwas mit Karte bezahlen können, bekamen wir eine lachendes: «entweder 20KM flussaufwärts oder 80KM flussabwärts» zu hören. Da standen wir also… Zwei mit guten Jobs, bezahlten Ferien, Wohnung, Handy etc., aber gerade mal noch €7 in der Tasche. Wir teilten es uns so ein, dass wir heute morgen noch einen Kaffee für Flo & ein Red Bull für mich kaufen konnten und ausserdem noch einen Liter Wasser für den ersten Teil unserer Etappe.

Zur heutigen Etappe darf ich noch kurz ein Gespräch wiedergeben, welches Flo und ich mal so, oder in ähnlicher Form, in Budapest(!) geführt hatten: «Hey wir sind jetzt schon gegenüber dem Plan einen Tag im Vorsprung» «Super, dann können wir das ja gut gebrauchen, wenn wir in den Stausee am Eisernen Tor kommen, da wird’s ja vmtl nicht fliessen» «Ja voll, dann können wir dort vielleicht den einen oder anderen 40er machen»

Aber erstens kommt es anders und zweitens, naja den Rest kennt ihr ja. Auf jeden Fall haben wir heute unsere erste und bisher einzige Tagesetappe über 70KM geplant und durchgezogen und das ausgerechnet in einem der grössten Stauseen auf dem europäischen Kontinent. Das Problem war nur, dass wir eben nicht mehr allzu viel Bares dabei hatten und daher noch einen kleinen Abstecher nach Serbien gemacht haben um dort etwas auf Shoppingtour zu gehen. Nachdem wir also um 0815 losgepaddelt sind und gegen 1100 die 1000er Marke der Donau geknackt haben, sind wir um ca. 1200 nochmal in Serbien einkaufen gegangen. Leider war es nur ein Tankstellenshop und leider war die Essensausbeute relativ gering. Wir haben uns heute also mit Bake Rolls Bacon (Crackern), Wellnesskecksen und Proteinriegel über Wasser gehalten. (Wortspiel beabsichtigt 😉) Insofern also Best Lunch ever!

Nach dem «Mittagessen» waren es dann auch nur noch knappe 40KM die wir hinter uns zu bringen hatten und wir paddelten fleissig drauf los, bis wir am Eingang des Eisernen Tors waren. Ab dann wars vorbei mit der Ruhe: Eine ganze Armada von Touribooten fuhr die, mittlerweile relativ schmal gewordene, Donau in einem Höllentempo hoch und runter. Neben dem Wind und den Wellen, die durch die Motorboote noch höher wurden, kam uns dann auch noch ein Frachtschiff entgegen! Wir taten unser Bestes um nicht zu sehr nass zu werden und uns auf den Boards zu halten. Während zwei kurzen Wellen meinte Flo noch trocken: «Ist ja klar, überall wo es schön wäre, hat es einfach eine verdammte Meute an Touris! Wir haben uns den Weg hierhin wenigstens hart erpaddelt!» Das war dann auch das Letzte, das Flo so trocken bemerkte hatte… Der Himmel fing an sich zu verdunkeln, die Wolken schoben sich vor die Sonne, die Wellen wurden höher und als ich mich umdrehte um nach meinem Leidensgenossen zu sehen, sah ich ihn gerade noch aus dem Wasser wieder aufs Board klettern! Nach einem kurzen Fingerzeig von ihm, dass es ihm sonst gut geht, musste ich dann doch anfangen zu grinsen, dass er es auch nicht ohne Drop bis ins Schwarze Meer schaffen würde! 😛 Aber nur gaaaanz kurz, anschliessend musste ich mich wieder auf die, von allen Seiten kommenden, Wellen konzentrieren um nicht gleich auch noch ein Bad zu nehmen.

Einschub Flo: Ich habe mich mit am meisten auf diesen Streckenabschnitt gefreut, aber die Touriboote welche echt rücksichtslos da durch peitschten haben es mir ganz schön vermasselt… JA, ich bin ziemlich frustiert (nicht nur weil ich nass wurde…)! Aber was solls, wie Anita Weyermann schon sagte: «Gring abe u …. paddle»!!

Die Meute der Motorboote liess dann leider nicht mehr von uns ab und wir konnten uns erst ca. 12KM vor dem Tagesziel wieder einigermassen sicher auf unseren Boards fühlen. Nach der engen Stelle (wobei «eng» ja ein dehnbarer Begriff ist 😉) kam, oh Wunder, wiedermal ein Stausee. Während wir dort versuchten eine sitzende Pause abzuhalten, fuhren die Motorboote immernoch mit ordentlichem Karacho an uns vorbei und die Stimmung war, für heute allenfalls, am Tiefpunkt angelangt. Fun Fact: Die Donau ist ungefähr an dieser Stelle am tiefsten und ist mit 97Meter der tiefste Stausee in Europa (oder so ähnlich 😉).

Nach dem Stausee war es dann nur noch eine Linkskurve bevor wir unser heutiges Etappenziel sehen sollten. Allerdings kamen auf einmal jede Menge Ruderer über die Donau. Offenbar trainiert hier eine relativ grosse Mannschaft den Rudersport. Dazu noch folgendes Video @1:29min

Als Abschluss des Tages wurden wir dann ca. 2KM vor dem Ziel auch noch von der Grenzpolizei kontrolliert. 😐 Immerhin hat sich somit die ganze Bürokratie der vergangenen Tage anscheinend doch noch gelohnt! 😊

So, jetzt muss ich aber Schluss machen, Flo möchte gerne ins Bettchen und muss vorher den Blog noch Korrektur lesen. 😉 Morgen gibt’s das letzte Mal Stausee vor der Schleuse des Eisernen Tores!

Tagesmotto
Flo: Ich freue mich auf die Reuss – keine Touristenboote!
Julian: Flo First Drop @ KM968! 😀

Tagesstatistik
Distanz: 74.1KM
Zeit: 11h04min
Zeit in Bewegung: 10h13min