Tag 30

Grüezi,

Gestern haben wir die Nacht im «The View Apartement» in Orsova verbracht. Wie der Name schon verrät, war die Aussicht aus der Wohnung gut, es war dementsprechend aber auch im 4 Stock! Wir waren froh, dass unser Host uns anbot, die Boards bei ihm in der Wohnung zu platzieren. Ich bin also gestern nach unserer späten Ankunft noch mit ihm ins benachbarte Gebäude und wir haben versucht die Boards aus dem Treppenhaus in seine Wohnung zu verfrachten… ohne Erfolg – das Treppenhaus war zu eng! Wir entschieden uns kurzerhand die Boards unter der Treppe zu lagern, bis wir sie am nächsten Tag wieder bei ihm abholen können.

Heute früh haben wir festgestellt, dass uns wohl seit langem mal wieder ein Regentag bevorsteht, da uns beim Verlassen des Appartements bereits die ersten Tropfen begrüssten – halb so wild dachten wir, solange kein Gewitter aufzieht! Wir haben also wie verabredet den Host kontaktiert, sodass wir die Schlüssel abgeben und die Boards wieder in Empfang nehmen können. Während Julian unsere Habe bewacht hat, bin ich wieder ins benachbarte Gebäude um unsere Boards zu holen. Der Host war noch nicht da und ich wollte schon mal die Boards raustragen… Als die Dinger nicht mehr unter der Treppe waren, wo ich sie noch einige Stunden vorher platziert hatte, bildete sich bereits ein sehr mulmiges Gefühl in meiner Magengegend. Wenig später fuhr der Host mit dem Auto vor und ich habe ihn direkt leicht panisch gefragt, ob er wisse, wo unsere Boards abgeblieben sind. Er schaute mich verwirrt an und fragt nur, ob sie denn nicht mehr unter der Treppe liegen würden! Spätestens jetzt hatte ich leichtes Herzrasen und die ersten Schweissausbrüche… Wir gingen zusammen ins Treppenhaus und mussten beide feststellen, dass die Boards wirklich nicht mehr da waren! Während ich mit Tränen der Verzweiflung kämpfte öffnete der liebe Host seine Wohnungstür und bat mich hinein zu schauen… TADA… da lagen unsere Boards, heil und unversehrt. Er hatte sie gestern aus Sicherheitsgründen noch mit seiner Frau durchs Fenster in die Wohnung verschoben 😊! Ein kleiner Scherzkeks, aber zugegeben ein 1A Schauspieler 😉!!

Die nächste Hiobsbotschaft folgte sogleich mit der Mitteilung, dass momentan eine Sturmwarnung der Stufe «Orange» für das Gebiet ums Eiserne Tor vorlag… just in diesem Moment zuckten die ersten Blitze direkt über unseren Köpfen durch den Himmel. Wir mussten nun also eine Entscheidung treffen, wie unser heutiger Tag aussehen soll. Nach langem hin und her überlegen haben wir entschieden mit dem Taxi an unser heutiges Etappenziel zu fahren und zwar aus folgenden Gründen: 1. Wir waren noch immer in einem Bereich, in welchem das Verlassen des Flusses im Notfall quasi unmöglich ist, 2. Das Wetter ist montan unbeständig und wir wissen nicht wie der nächste Tag aussieht und 3. Wir hatten die Unterkunft für heute Abend bereits gebucht.

Als wir unserem Host diese Entscheidung mitteilten, erklärte er sich bereit, uns mit seinem Auto ans heutige Etappenziel zu fahren! Da wir erst nach 12:00 in der neuen Unterkunft einchecken durften, verabredeten wir uns mit dem Host für 11:30 zur Abfahrt. Wir nutzten die tote Zeit um noch für 2 Tage einzukaufen… Man weiss nie wann man den nächsten Laden mit Milch und Red Bull findet 😊. Wir warteten also auf die Abfahrt und hatten beide eine etwas gedrückte Stimmung. Die Entscheidung war mit Sicherheit vernünftig, aber so war das natürlich nicht geplant… Die Sonne, welche nun wieder von einem fast schon wolkenlosen Himmel schien, half nicht, unsere Entscheidung nicht zu bereuen!

Um 11:30 hiess es nach 29 Tagen zum ersten Mal: Luft raus! Wir haben schweren Herzens die gute deutsche Luft, welche uns bis hierhin getragen hat, aus unseren Boards gelassen… natürlich nicht, ohne die Pumpe, welche wir stets mitführen, zuerst noch eingehend zu testen!
Kurz nachdem wir losgefahren sind, mussten wir feststellen, dass der rumänische Fahrstil jenem der Serben in nichts nachsteht… Eine ziemlich rasante Fahrt! Als wir die Stadt Turnu Severin erreichten, hielt unser Fahrer direkt an der Donau an und fragte uns ob wir hier Einwassern wollen. Eigentlich hatte weder Julian noch ich noch mit einem SUP am heutigen Tag gerechnet und somit waren wir von dieser Frage ziemlich überrumpelt. Wir vermuten unser Host wollte uns einfach auf unseren Boards in Action sehen! Da der gute Herr bereits so viel für uns getan hat konnten wir schlecht verlangen, dass er uns nun bis ans Etappenziel fährt, auch weil inzwischen wettertechnisch nichts mehr gegen eine verkürzte Etappe sprach. Wir drucksten also etwas rum und entschieden dann halbherzig von Turnu Severin auf der Donau weiter zu reisen. Julian meinte zwar noch, dass die Milch, welche wir am morgen gekauft hatten, diese Entscheidung wohl nicht überleben würde 😊. On the bright side: Wir sind hinter der Schleuse «Eisernes Tor 1» und haben nur ganz wenig Donau verpasst 😉.

Wir zogen uns also um, packten unsere Bags neu (wir waren ja nicht vorbereitet) und schafften es dann so gegen 13:00 aufs Wasser. In der ersten Pause mussten wir uns beide eingestehen, dass weder die Motivation noch die Energie auf einem hohen Level war. Ich vermute jeder kennt dieses Gefühl: Man stellt sich auf etwas ein (in unserem Fall ein SUP-freier Tag) und dann kommt es komplett anders! Somit gingen die Kilometer eher schlecht von der Hand heute, auch wenn die Distanz für unsere Verhältnisse kurz war.

Als wir Crivina am Flusskilometer 895 erreichten, fanden wir auch schnell einen Platz um auszuwassern. Während wir noch unsere Boards entluden, wurden wir von einem jungen Rumänen und seiner Freundin angesprochen, welche beide sehr gut Englisch sprachen. Wir haben uns einige Zeit unterhalten, bis ein Auto der Border-Police vorfuhr… «Die wollen mit Sicherheit wieder zu uns!».
So war es dann auch und wir mussten unsere Dokumente und Pässe wieder vorweisen, welche sich inzwischen bezahlt gemacht haben! Beide Beamten kannten die Unterkunft nicht, welche wir als unser Ziel angaben und baten uns zu warten, während sie diese Angaben verifizieren. Nach circa 15 Minuten kamen sie zurück und konnten bestätigen, dass jemand in der «Laguna Verde» auf uns wartet… Allerdings forderten sie Julian auf, ins Polizeiauto zu steigen – und zwar mit all unserem Gepäck!… Aber keine Angst, sie meinten es nur gut und wollten einen von uns inklusive Gepäck zur Unterkunft chauffieren… «Good Guy Border-Police». Dankend nahmen wir das Angebot an!

Während Julian also mit allem Gepäck zur Unterkunft gefahren wurde wartete ich mit den Boards am Ufer der Donau und unterhielt mich mit Sabina und Cosmin (unseren 2 neuen Freuden) über Gott und die Welt. Als Julian zurück kam mussten wir nur noch mit den Boards beladen circa 800m laufen und waren am heutigen Ziel angelangt! Wir sind in einer gemütlichen Unterkunft und wurden sogar noch mit Spaghetti bekocht… Die Welt ist wieder in Ordnung!

Tagesmotto
Flo: Ich bin so müde!
Julian: Border Police – Für einmal ohne Bürokratie und mit viel Engagement! 😊

Tagesstatistik
Distanz: 31.1KM
Zeit: 4h17min
Zeit in Bewegung: 3h56min

2 thoughts on “Tag 30”

  1. Hallo Ihr Beiden
    Eure besonnene und kluge Entscheidungsfindung freut das Memsi ganz besonders! Ein Durchhänger braucht es ab und zu….. das birgt Raum für neue Motivationsschübe! Toll wie Ihr das macht, weiter so. Tausend Grüsse und Küsse
    Memsi (Silvia)

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